Am 29. Februar 2024 veranstaltet der BVM NEON-Plenum einen Workshop mit dem Thema „Wie KI unseren Arbeitsalltag verbessert“. Es gab neun Fachvorträge über die Auswirkungen und Anwendungsfälle der KI in unserer Branche. Der grundlegende Konsens war, dass die KI noch in den Anfängen steckt, aber bereits positive Auswirkungen auf die Branche hat. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die KI mehr ist als nur ein vorübergehender Hype. Robert Sobotka hat den Workshop verfolgt und fasst (mit Hilfe von Chat GPT) die wichtigsten Erkenntnisse zusammen.
Ein zentraler Punkt war die Kombination von menschlichem Fachwissen und maschineller Intelligenz, die Vorteile mit sich bringt. Der gesamte Prozess eines MAFO-Projektes ist jedoch noch nicht vollständig automatisierbar, da die KI trainiert werden muss und dafür wiederkehrende Fragestellungen erforderlich sind. Auch in absehbarer Zeit wird „Insights auf Knopfdruck“ nicht funktionieren. Dennoch werden bereits einzelne Arbeitsschritte von KI unterstützt.
Generative KI ist hilfreich bei der Erstellung von komplexen Texten und Zusammenfassungen von Informationen, während ihre Anwendung bei der Interpretation von Zahlen begrenzt ist.
Besonders in der qualitativen Marktforschung kann die KI bereits eine große Arbeitsentlastung bieten. Softwarelösungen von Produkt&Markt und Kernwert wurden für Fokusgruppen und Tiefeninterviews vorgestellt. Diese Lösungen sind bereits weit entwickelt und funktionieren offensichtlich gut. Die Software ermöglicht automatische Transkriptionen in Echtzeit mit einer hohen Trefferquote von 85-95%. Sie erkennt auch unterschiedliche Sprecher bei Fokusgruppen gut. Darüber hinaus kann die KI Zusammenfassungen der Interviews und der Fokusgruppenergebnisse erstellen, Argumente identifizieren, Zitate finden und die Stimmungen der Beiträge erkennen. Gemeinsamkeiten der Teilnehmer sowie Verbesserungsvorschläge und Pain Points können ebenfalls ermittelt werden. Dadurch ist eine erhebliche Zeitersparnis bei der Nachbearbeitung möglich. Ein guter Moderator oder ein Forscher kann und sollte nicht ersetzt werden. Eine qualitative Verbesserung oder mehr und bessere Insights sind jedoch vermutlich nicht zu erwarten.
Ein weiterer Anwendungsfall von KI im Workshop war die Textanalyse. Das Unternehmen CAPLENA präsentierte den aktuellen Stand der Entwicklung, bei dem offene Fragen analysiert, Cluster gebildet und Textinhalte den Clustern zugeordnet werden können. Auch Emotionen können den Antworten treffsicher zugeordnet werden, Diese Anwendungen reduzieren den Zeitaufwand erheblich und verringern den Bedarf an menschlichen Ressourcen auf die Kontrolle und Verfeinerung der Ergebnisse.
Ein weiterer Anwendungsfall ist die Entwicklung von Chatbots in Form von Persona Chatbots. Diese Befragungsroboter simulieren menschliche Charaktere und werden mit Informationen trainiert, um wie Personen aus der definierten Zielgruppe zu antworten. Somit könnten sie in Zukunft teilweise Befragte ersetzen. Allerdings stellt sich die Frage nach dem „Henne-und-Ei-Problem“: Der Chatbot beantwortet Fragen wie ein „durchschnittlicher“ Befragter. Wird eine Befragung dadurch nicht zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung. Ich stehe dieser Entwicklung eher skeptisch gegenüber.
Im Bereich der quantitativen Forschung wurden leider keine Fallbeispiele präsentiert. Offensichtlich gibt es hier noch keine oder nur wenige erfolgreiche Anwendungsfälle von KI, die klassische Online- oder CATI-Befragungen automatisieren oder durch KI erheblich effizienter gestalten.
Alles in allem kann die KI derzeit nur zu einer Arbeitsersparnis beitragen, aber nicht zu einer Verbesserung. Sie unterstützt den Marktforscher im Alltag, ersetzt ihn jedoch nicht. Ist KI daher nur ein Hype? Nein, KI wird auch unsere Branche in den nächsten Jahren prägen, aber sowohl die Euphorie als auch die Ängste werden meiner Meinung nach bald auf ein vernünftiges Maß abnehmen.
Gastbeitrag von MMag. Robert Sobotka (GF Telemark Marketing, VdMI Vorsitzender)