Zum siebten Mal erhält ein junges Unternehmen den Titel „planung&analyse Newcomer in der Marktforschung“. Im festlichen Rahmen wurde die Auszeichnung auf dem Kongress p&a Insights23 in Frankfurt vergeben. Jury-Mitglied Otto Hellwig (Bilendi & Respondi) hält die Laudatio und berichtet uns, warum der österreichische Jungunternehmer Florian Kögl und sein Team von ReDem den Award verdient haben.
ReDem wurde 2020 von dem heutigen Geschäftsführer Florian Kögl und David Mitterlehner im oberösterreichischen Linz gegründet und bezeichnet sich selbst als Research Technology Unternehmen, das sich auf die Entwicklung und Bereitstellung von KI-basierten SaaS-Lösungen für die Qualitätssicherung von Umfragedaten spezialisiert hat. Qualitätskontrolle und Datenbereinigung effizient und standardisiert in den Erhebungsdaten der Online-Marktforscher zu gestalten, das ist das Ziel.
Die ReDem-Software führt KI-basierte Qualitätschecks durch: offene Antworten werden nach ihrer Qualität bewertet, Antwortmuster in Item-Batterien erkannt, Antwortzeiten auf Plausibilität überprüft und durch eingebaute Kontrollfragen werden auch oberflächliche, unsichere und sozial erwünschte Antworten identifiziert. Diese Informationen fließen in unterschiedliche Qualitäts-Scores ein, die in einem Dashboard übersichtlich visualisiert eine ziemlich genaue Bewertung der Qualität eines jeden Interviews einer Befragung wiedergeben. Anhand individuell bestimmbarer Grenzwerte kann dann eine automatisierte Bereinigung des Datensatzes erfolgen oder bei Echtzeit-Kontrolle ein Interview vorzeitig abgebrochen werden. Dabei werden Interviews in mehr als 100 unterschiedlichen Sprachen unterstützt.
Soweit das Grundmodell der Geschäftsidee von ReDem. Mittlerweile geht der Technologieanbieter aus Österreich einen bedeutenden Schritt weiter. Hat man doch erkannt, dass nicht der einzelne Teilnehmer und sein mitunter lustloses Ausfüllen eines Fragebogens die größte Herausforderung für die Datenqualität in der heutigen Marktforschung ist, sondern bandenmäßig betriebene Survey Farms, bei denen sich virtuell verbundene Netzwerke von Betrügern massenhaft in Umfragen schleichen – nicht um Fragen zu beantworten, sondern um die Incentives abzusaugen.
Dabei unterscheiden sich die Daten dieser Bots auf den ersten Blick positiv von unmotivierten, lustlosen Teilnehmenden, die sich für ein paar Euro durch Umfragen klicken, dabei häufig eindeutige Antwortmuster hinterlassen, in offenen Antworten wenig bis gar keinen Text hineinschreiben und das Interview eher schnell beantworten. Die Daten der Survey Farms Interviews hingegen variieren in der Zeit, die sie zum Ausfüllen vorgeben, sie zeigen selten Antwortmuster und in offenen Antworten findet sich reichlich Text. Rein formal kann man diese Teilnahmen nur schwer von qualitativ hochwertigen Teilnehmenden unterscheiden. Trotzdem sind sie unbrauchbar, da sie Antworten zufällig anklicken und es vor allem nicht die Personen sind, als die sie sich ausgeben.
In Kombination mit dem hohen Volumen, welches solche Survey Farms erzeugen – in vielen Umfragen beträgt ihr Anteil an der Gesamtstichprobe mittlerweile 20 Prozent und mehr – sind sie wohl die größte Herausforderung der gegenwärtigen Umfrageforschung. Mit unabsehbaren Folgen für die gesamte Branche. Ein börsennotierter, international tätiger Anbieter von Online-Stichproben musste Anfang dieses Jahres eine Umsatzwarnung vermelden, unter anderem wegen eines hohen Anteils an Auftragsstornierungen. Eine Ursache für die Stornierungen waren vermutlich die erhöhte Aktivität von Survey Farms. Der Wert dieses Unternehmens stürzte daraufhin ab und hat sich bis heute nicht wieder erholt.
ReDem hat eine Antwort auf die Survey Farms entwickelt: Der Schlüssel ist die automatische Überprüfung offener Antworten mittels KI auf Duplikate, Plagiate, Copy-Paste Antworten sowie eine inhaltliche Kontextanalyse. Survey Farms schreiben keine unsinnigen Kombinationen in offene Textfelder oder lassen diese ganz aus wie es unmotivierte Incentivejäger tun, sie haben aber gar nicht die Zeit, sich immer wieder neue oder passende Antworten auszudenken, also nutzen sie Textbausteine oder kopieren Antworten. Hierbei versucht ReDem sie zu erwischen. Offensichtlich mit Erfolg. Bis zum August dieses Jahres konnten Redem seinen Umsatz aus dem Jahr 2022 um 400 Prozent steigern. Zwei namhafte Anbieter für Befragungssoftware haben die ReDem-Lösung schon fest in ihr Portfolio eingebaut, aktuell laufen Verhandlungen mit einigen der großen Marktforschungsplayer, die ReDem im internationalen Kontext einsetzen wollen.
Eine Lösung für ein so existenziell wichtiges Thema und erster wirtschaftlicher Erfolg konnten die Jury des planung&analyse Newcomer in der Marktforschung überzeugen. Aber noch viel höher schätzt die Jury den Umstand ein, dass Redem als Tool zur Qualitätssicherung auf einem Gebiet arbeitet, welches elementar für die Marktforschung ist. ReDem kann ein wichtiger Baustein hin zu einer besseren und nachhaltigeren Forschung sein. Dass das Thema hochaktuell ist und ReDem zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort ist, zeigt auch die im März durch den amerikanischen Branchenverband Insights Association, der britischen Market Research Society MRS, dem Branchenevent SampleCon und dem internationalen Verband Esomar angekündigten Initiative, die Bemühungen zur Betrugsbekämpfung und zum Umgang mit Risiken für die Datenqualität in Paneln künftig international zu koordinieren. Ziel der Initiative ist es, Foren zu veranstalten, um das Bewusstsein zu schärfen und die Diskussion mit Experten und Vordenkern zu fördern. Der planung&analyse Newcomer in der Marktforschung könnte dieser Initiative sicher helfen.
Bild v.l.n.r.: Dr. Uwe Vorkötter, Laudator Otto Hellwig (Bilendi & Respondi), Gewinner Florian Kögl von Redem und Sabine Hedewig-Mohr (Fotocredits Thomas Fedra)
Quelle: www.horizont.net